Was kostet der Spaß?
Die Kernfrage, die sich beim Thema Rente immer stellt, ist auch hier die nach der Finanzierung. Denn der demografische Wandel setzt die gesetzliche Rente immer stärker unter Druck. Der Gesetzgeber hat grundsätzlich drei primäre Stellschrauben, mit denen er die langfristige Finanzierung der gesetzlichen Rente sicherstellen kann. Das wäre zum einen die Erhöhung des Renteneintrittsalters, was wiederum explizit im Koalitionsvertrag ausgeschlossen wurde. Zum Anderen die Senkung des Rentenniveaus oder, drittens, eine Erhöhung des Rentenbeitrages.
Wenn nun die Fixierung des Rentenniveaus bei 48 % Ziel der Ampel-Koalition ist, verbleiben von den drei angesprochenen Stellschrauben nur noch eine: die Rentenbeiträge. Nach einer Studie der Deutschen Bundesbank müssten die Rentenbeiträge bis 2070 von aktuell 18,6 % auf 29 % des Bruttogehaltes ansteigen, um die gesetzliche Rente finanzieren zu können. Doch damit nicht genug: zusätzlich wäre eine Erhöhung der Mehrwertsteuer um 6 Prozentpunkte auf 25 % erforderlich. Somit müssten die Rentenbeiträge in den nächsten Jahren mindestens so stark steigen wie die Löhne.
Würde man das Rentenniveau nicht bei 48 % fixieren, müssten die Beiträge bis 2070 auf “nur” 25 % des Bruttogehaltes steigen und die Mehrwertsteuer “nur” um 4 Prozentpunkte erhöht werden. Das Rentenniveau würde dann aufgrund des demografischen Wandels auf 40,5 % sinken. Dies stellt das Basisszenario dar, das sich nach der geltenden Rechtslage ergibt, in der das Rentenniveau nicht fixiert ist und das Renteneintrittsalter bei 67 Jahren liegt. Dies ist der Status quo.
Relevant für die Frage nach der Finanzierung ist zudem der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor. Vereinfacht gesprochen sorgt dieser dafür, dass wann immer ein besonders starker Anstieg der Anzahl an Rentnern stattfindet, die Renten in der Folge langsamer steigen, um den Anstieg etwas zu kompensieren und die Beitragszahler zu entlasten. Dies wird gerade in den nächsten Jahren wichtig sein, wenn mit der Generation der “Babyboomer” eine größere Anzahl an Arbeitnehmern in Rente gehen wird. Das wird das Verhältnis von Beitragszahlern zu Beitragsempfängern (Rentner) ungünstig verschieben.
Was genau mit dem Nachhaltigkeitsfaktor geschehen wird, ist bisher allerdings noch unklar. Denn auch wenn diese Maßnahme Rentenerhöhungen nicht verhindert, sorgt sie dennoch für eine Verlangsamung und damit dafür, dass die Rentenerhöhungen hinter dem Lohnanstieg zurückbleiben. Daraus wiederum ergäbe sich eine Senkung des Rentenniveaus.
Kompromissvorschlag der Deutschen Bundesbank
Die Bundesbank präsentierte in ihrem Monatsbericht vom Juni 2022 eine Reformoption des gegenwärtigen Modells als eine Alternative zum besprochenen Ansatz der Bundesregierung. Nach diesem Modell würde die Höhe der individuellen Rente weiterhin nach Dauer und Höhe der geleisteten Beitragszahlungen zum Zeitpunkt des Eintritts berechnet. Allerdings fände die jährliche Erhöhung der ausgezahlten Rente lediglich als Inflationsausgleich statt, sodass diese dann gemäß dem Inflationsziel der EZB durchschnittlich um 2 % im Jahr wachsen würde.
In diesem Szenario wären die Rentenerhöhungen annähernd kompatibel mit den Gehaltserhöhungen. Diese folgen im langfristigen Mittel einem Trend von etwa +3 % p.a., was 2 % Inflation plus einer Steigerung der Arbeitsproduktivität von 1 % entspricht. In diesem Modell blieben die Rentenerhöhungen nur geringfügig hinter den Lohnerhöhungen zurück und würden zu einer geringeren Reduktion des Rentenniveaus als im Status quo führen. Ein Rückgang des Rentenniveaus fände damit bis 2070 nur auf durchschnittlich 44 % statt und nicht auf 40,5 %. Im Bundesbank-Modell müssten die Rentenbeiträge bis 2070 auf 26,5 % und der Mehrwertsteuersatz um 5 Prozentpunkte steigen.
Oder doch später in Rente?
Eine weitere Alternative wäre eine Vereinigung des Basisszenarios mit dem Regierungsvorhaben über eine Indexierung des Renteneintrittsalters an die Lebenserwartung. Aufgrund dessen, dass die gesetzliche Rente bis an das Lebensende gezahlt wird, die Lebenserwartung jedoch sukzessive steigt, erhöht sich der Druck auf die gesetzliche Rentenversicherung kontinuierlich. Eine Alternative wäre eine Erhöhung des Renteneintrittsalters, auch wenn die Ampel-Regierung dies bislang ausschließt.
Die Simulationen der Bundesbank verdeutlichen, dass der Druck für die Rentenfinanzierung deutlich nachlässt, wenn das Rentenalter ab 2031 weiter sukzessive stiege und nicht bei 67 bestehen bleibt. Orientieren würden sich diese kontinuierlichen Erhöhungen des Eintrittsalters dann an der durchschnittlichen Lebenserwartung. In diesem Szenario müssten die Beiträge auf 27 % des Bruttogehalts ansteigen und lägen damit 2 Prozentpunkte unter dem, was für die Finanzierung des aktuellen Regierungsvorhabens notwendig wäre. Auch die Mehrwertsteuer müsste nicht ganz so stark steigen.
Ein Blick über die Landesgrenzen hinaus
Die Herausforderung des demografischen Wandels betrifft nicht exklusiv Deutschland. Die meisten europäischen Länder indexieren ihre Renten zumindest teilweise an den Preisen. Österreich beispielsweise nutzt eine reine Preisindexierung für ihre Renten. Doch steigt in den meisten EU-Ländern auch das gesetzliche Renteneintrittsalter mit steigender Lebenserwartung weiter an.
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